Ein Blick in das Kaleidoskop alpiner Lebensräume zeigt neue Muster

Leerstände, Zweitwohnsitze, überteuerte Immobilienpreise – in diesem Spannungsfeld bewegen sich die drängenden Fragen des Wohnraums in den Alpen. Vorträge und Diskussionen dazu bot die Fachtagung von Allianz in den Alpen am 24. & 25.06.2022 in Saas-Fee/CH unter dem Titel: Wohn.Raum.Alpen – Werkstatt für neue Ideen des Zusammenlebens

Mit einer Höhenlage von 1800 Meter und stark durch den Tourismus geprägt war die AidA Mitgliedsgemeinde Saas-Fee im Kanton Wallis ein stimmungsvoller & interessanter Tagungsort für unseren diesjährigen Themenschwerpunkt.

Angekommen & von den Gastgebern herzlich empfangen boten die Keynotes Einblicke in grundlegende Fragestellungen zur Zukunft des Wohnens & Zusammenlebens.

Sabine Pollak, Architektin und Professorin an der Kunstuniversität Linz, setzte Schlaglichter auf Utopien und Wohn-Experimente der Vergangenheit um die anschließend vorgestellten aktuellen Ansätze besser einordnen zu können. Kommunen und Co-Housing-Projekte haben sowohl im städtischen wie auch im ländlichen Raum eine jahrzehntelange Geschichte.

Hartes Ei, Spiegelei oder Eierspeise

In Anlehnung an Cedric Price der die Stadt mit einem Ei verglich, verdeutlichte die Architektin in ihrem Vortrag die zentrale Rolle von Baudichte, funktionierenden Ortskernen und Gemeinschaften in ländlichen Gemeinden.

Auch Köbi Gantenbein, Jurypräsident von „Constructive Alps“ - dem Architekturwettbewerb für klimavernünftiges Bauen in den Bergen – stellte die aktuellen Herausforderungen des Wohnraums in den Alpen in einen größeren Zusammenhang. Neben Klimaschutz betonte er vor allem die Bedeutung der Klimawandelanpassung, die in die Planung von Gebäuden unbedingt einzubeziehen ist. Bedingt durch den Klimawandel verlagert sich auch im Alpenraum das Augenmerk viel stärker auf Gebäudekühlung und Schutz vor Hitze – Gebäudeheizung tritt dabei in den Hintergrund.

Wie wichtig die Partizipation in kommunalen Planungsprozessen ist, um die Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen bzw. Generationen zu berücksichtigen, machten Wolfgang Wild und Klaus Zeitler in Ihrem Vortrag über das Quartiers- und Generationenmanagement in der Gemeinde Berngau in der Oberpfalz/DE deutlich.

Die anschließende Interviewrunde mit Bürgermeister*innen aller Alpenländer zeigte ein buntes Bild. des Alpenraums mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Probleme und Fragestellungen zum Thema Wohnraum.

Im Projektkaleidoskop wurden in Impulsvorträgen Best-Practice-Beispiele präsentiert, wie den vielfältigen Herausforderungen alpiner Kommunen zu begegnet wird. In den Nachmittags-Workshops wurden die Themenfelder „leistbarer Wohnraum“, „Quartiers- und Lebesraummanagement“ oder „Leerstandsmangement“ weiter vertieft und diskutiert.

Autofrei Leben in den Alpen – Saas Fee zeigt, wie es geht

Bei unserer Anreise stiegen wir am Bahnhof Visp in den Linienbus um, mit dem wir über eine Bergstraße durch in Terrassen angelegte Weingärten hinauf bis zu Endstation Saas-Fee Busterminal gelangen. Und hier ist wirklich Endstation – auch für alle anderen Kraftfahrzeuge, die auf einem Parkdeck Platz finden. Saas-Fee zählt zu den insgesamt 11 autofreien Gemeinden in der Schweiz. Mit Ausnahme von Einsatzfahrzeugen und der Müllabfuhr sind hier nur Fussgänger*innen, Fahrrad- und Rollerfahrer*innen sowie die Elektromobile unterwegs, die Hotelgäste mit Ihrem Gepäck beim Parkplatz abholen.

Während wir am zweiten Tag mehr über die nachhaltige Mobilität in Saas-Fee erfahren, blicken wir auf den von der Sonne beschienen Feegletscher und das Allalinhorn, unser Exkursionsziel für den Tag.

Viel Sonne aber auch die Schatten des Klimawandels am Feegletscher

Drei Gondeln und 1700 Höhenmeter später konnte man den Gletscher und das beeindruckende Bergpanorama des Saas-Tales von näherem betrachten. Oben auf dem Gletscher hatte sich ein See von nicht unerheblicher Größe gebildet, der in den letzten Jahren noch nicht dagewesen ist. Ein Mahnmal für den Klimawandel. Der Gletscherforscher David Volken erklärte den Teilnehmenden auf 3500m, im höchsten Drehrestaurant der Welt, die Veränderungen der Schweizer Gletscher und die Gefahren und Konsequenzen, die der Gletscherschwund mit sich bringt. Die Talfahrt über ein Kar, in dem sich bis vor einigen Jahren noch meterhohe Gletschermassen befunden hatten, machte den informativen Vortrag des Forschers zum Greifen nahe und läd zum Handeln ein.