Mit Authentizität und Begeisterung zu gesundheitstouristischen Produkten
Das Bedürfnis nach Wald und Natur ist größer denn je! Die medizinische Evidenz der natürlichen Heilressourcen der Alpen bestätigt, dass uns der Aufenthalt in der freien Natur unter bestimmten Voraussetzungen gesund macht bzw. hält.
Für alpine Destinationen ist es eine große Chance diese Heilressourcen zu identifizieren und als Basis für gesundheitstouristische Produkte zu nutzen. Im Workshop „Wald für Gesundheit“, der am 20.05.21 im Rahmen des Interreg Projekts HEALPS2 online stattfand, haben wir uns mit der medizinisch fundierten Heilkraft der Alpen eingehend beschäftigt und einen speziellen Fokus auf das Potenzial der Bergwälder gelegt.
„Wenn der Wald verschwindet, hat dies fatale Folgen für die Gesundheit des Menschen“ – so startete Dr. Arnulf Hartl vom Institut für Ökomedizin der PMU Salzburg seinen Vortrag. Der Mensch bewegt sich gerne in der grünen Natur, der optische Reiz der Bäume motiviert zu Aktivitäten im Freien. Zudem reduziert der Wald Stressfaktoren wie Lärm, Hitze und Feinstaub – dadurch kann sich der Mensch erholen und auftanken. Werden die Bäume weniger, aufgrund von Umwelteinflüssen oder Schädlingen, gehen auch die positiven Effekte verloren. Vor allem kardiovaskuläre Erkrankungen oder psychische Erkrankungen nehmen durch diesen Zusammenhang zu.
Diese Erkenntnis sollten sich die Tourismustreibenden zu Nutze machen, appelliert Hartl. Die intakte Natur der Alpen muss als USP einer Gesundheitstourismusstrategie herausgearbeitet und an die Gäste kommuniziert werden.
Jedoch ist nach internationalen wissenschaftlichen Qualitätskriterien die medizinische Evidenz für die Heilwirkung von Wäldern kaum untersucht, so Dr. Arnulf Hartl. Ob diese vorläufigen Erkenntnisse auf mitteleuropäische Wälder übertragbar sind, ist derzeit noch nicht klar. Es gibt aber starke europäische Bestrebungen, diese Forschungslücke zu füllen.
Dass der Wald wichtig ist für die Menschen, meint auch Dr. Gerlinde Manz-Christ aus dem Montafon/AT. Sie hielt einen Vortrag über die japanische Therapie des Waldbadens. Diese Therapieform soll durch gezielte Aufenthalte im Wald die Gesundheit stärken oder die Heilung beschleunigen.
Die zertifizierte Naturführerin und Ärztlich geprüfte Gesundheitsberaterin Manz-Christ bietet seit einiger Zeit Waldbaden als Gästeangebot im Montafon/AT an.
Wenn eine Region, Destination oder Gemeinde Waldbaden anbieten möchte, sollte sie sich als ersten Schritt Gedanken darüber machen, was sie an vorhandenen Ressourcen nutzen kann. Wie Hartl, sieht sie in einem Alleinstellungsmerkmal die Basis für die Entwicklung neuer touristischer Angebote. Dabei plädiert sie vor allem für Authentizität, denn je natürlicher das Angebot beim Gast ankommt, desto mehr wird es sich von anderen, vergleichbaren Produkten abheben. Zudem gilt es zu überlegen, wie sich die Destination selbst positionieren und welche Zielgruppe sie ansprechen möchte. Denn je nach Zielgruppe wird das Angebot zum Waldbaden anders aussehen.
Bemerkenswert war, dass Manz-Christ in ihrem Vortrag immer wieder die Verbindung von ihrer eigenen Arbeit zur touristischen Strategie des Montafons hergestellt hat. Sie selbst lebt die Werte der Region und vermittelt diese dem Gast ganz selbstverständlich. Eine so enge Verbindung zwischen Destination und lokalen Stakeholdern ist essenziell, dass eine touristische Strategie nicht aufgesetzt wirkt, sondern eben authentisch. Dies gelingt durch eine enge Einbindung lokaler Akteure und Akteurinnen in die Strategieentwicklung und deren laufende Umsetzung.
„Der evidenzbasierte Gesundheitstourismus ist die Produktwahrheit“ – Dr. Arnulf Hartl
Wie Stammgäste gewonnen werden, hat Hartl in seinen Studien entdeckt. Es macht keinen Unterschied für das unmittelbare psychische Wohlbefinden des Gastes, ob er in einer intakten Natur wandert oder in einer Natur mit Infrastruktur, wie z. B. einem Skigebiet im Sommer. Jedoch empfindet der Gast die Bewegung in der unberührten Natur als weitaus angenehmer und würde diese stets dem Skigebiet vorziehen. „Ein ökonomisches Argument für den Naturschutz“, wie Hartl diese Erkenntnis benennt. „Wenn es mehr unberührte Natur gibt, steigert dies die Wertschöpfungskette einer Tourismusdestination da der Gast wiederkommt und die Destination weiterempfiehlt“.
Auch Gerlinde Manz-Christ erklärt, wie Stammgäste gewonnen werden – mit Begeisterung und authentischen Angeboten! Wenn Gäste spüren, dass die Gastgeber und Gastgeberinnen sie herzlich empfangen und wertschätzen, entsteht eine emotionale Beziehung, die zum Wiederkommen anregt. So bietet das Montafon, Pilotregion im Projekt HEALPS2, seine Produkte wie Waldbaden, geführte Wanderungen, uvm. auch stets nur für einen Gast an.
Mehr zum Thema Waldbaden und von Dr. Gerlinde Manz-Christ lesen Sie in Kürze in einem detaillierten Interview.