Der Wald im (Klima-)Wandel

Die Klimaveränderungen im Alpenraum haben deutliche Auswirkungen auf unsere Wälder. Dies hat fatale Folgen für die Gesellschaft, denn der Wald erfüllt mit seiner Multifunktionalität eine Schutzfunktion für uns Menschen – besonders im Alpenraum.

Im Rahmen des Projekts Klima.Fit fand am 10.06.21 der Workshop „Wald fürs Klima“ statt, der zweite Teil unserer Workshop-Reihe Wald.

Der Anstieg der Temperatur ist ein Treiber für die Veränderungen von Wetter und Klima. Seit den 1960er Jahren hat sich die Temperatur im globalen Durchschnitt um 0,8 Grad erhöht. Im Alpenraum betrug der Anstieg in dieser Periode sogar das Doppelte, also 1,6 Grad. Auf einer Höhe von über 2.000 Meter – in den Alpen – beträgt der Temperaturanstieg + 2,0 Grad! Die Erwärmung sieht man ganz deutlich im Rückgang der Gletscher, die auf über 2.000 Metern liegen, wie Paul Stampfl erklärt.

Dieser Wandel hat große Einwirkungen auf das Ökosystem Wald, so Paul Stampfl zur Wirkungskette: steigen die Temperaturen, ist der Wasserbedarf der Bäume höher. Bei gleichzeitiger verringerter Wasserverfügbarkeit führt dies jedoch zu Trockenstress und verminderter Widerstandskraft. Dadurch treten vermehrt Krankheitserreger und Parasiten bei den Bäumen auf.

Ebenso verschieben sich die Vegetationszonen und die Baumgrenze in höhere Lagen – die Tier- und Pflanzenwelt verändert sich. In der Folge nehmen Schadenereignisse durch Stürme (Windwurf), Trockenheit und Borkenkäferkalamität in Häufigkeit und Intensität zu!

Ist der Wald gestresst, so kann er seine Schutzfunktion für die Menschen nicht mehr erfüllen, wie die Geographin Inga Beck erklärt. Der Wald senkt nicht nur das CO2, das von der Industrie ausgestoßen wird, sondern versorgt den Menschen mit Sauerstoff. Zudem schützt er unseren unmittelbaren Lebensraum, vor allem in Alpendörfern die von Wäldern umgeben sind.

Das heißt, dass uns der Wald vor Naturgefahren schützt, wie Lawinen, Murenabgänge und Steinschlägen. Am meisten Schutz bietet uns der Wald vor Hochwasser, was durch die Klimaveränderungen an Häufigkeit und Intensität immer mehr zunimmt. Der Wald verhindert, dass der Starkregen direkt ins Grundwasser übergeht. Ein intakter Waldboden, die Kronen und die Stämme wirken wie ein Schwamm und reduzieren so die Hochwassergefahr und schwächen die Flut ab. Die volle Schutzfunktion ist jedoch nur in einem intakten Wald gegeben!

Deshalb ist es nötig, die Schutzfunktion des Waldes wiederherzustellen. Martin Kainz, ehemaliger Forstdirektor und Abteilungsleiter im Amt für Ernährung, Forsten, Landwirtschaft Weilheim-Schongau erklärt, was getan werden muss:

„Ganz entscheidend ist es, den Wald umzubauen – stabile Mischbestände mit örtlich angepassten Baumarten zu schaffen“, so Martin Kainz.

Nicht standorttypische Reinbestände können die Schutzfunktion nicht zur Gänze erfüllen. So wird beispielsweise im Raum Garmisch-Partenkirchen, wo der Forstdirektor ansässig ist, versucht, in Fichtenreinbeständen andere Nadelhölzer einzubauen. Tannen beispielsweise kommen in tieferen Lagen besser zurecht mit den Extremereignissen wie Sturm, Starkregen, Dürre. Zudem schützen sie sehr gut vor Lawinen- und Murenabgängen, denn die Nadeln haben mehr Widerstandskraft als Laub und sind auch im Winter zuverlässig. Der Fokus bei der Anpassung liege auf dem Waldboden: ist dieser intakt mit einer guten Humusbeschaffenheit, können junge Bäume gepflanzt werden und der Erhalt des Baumbestandes ist gesichert.

Überzeugungsarbeit muss vor allem bei den privaten Waldbesitzern und bei der Bevölkerung geleistet werden. Die Zusammenhänge zwischen dem Klimawandel und den damit verbundenen Gefahren für den Menschen und den Wald selbst sind zu wenig bekannt. Die verschiedenen Interessengruppen haben jeweils einen eigenen Fokus, sie betrachten den Wald nur aus einer Perspektive. Jedoch muss der Wald ganzheitlich betrachtet und alle Interessen unter einen Hut gebracht werden. Das ist die Schwierigkeit! Eine personelle Unterstützung für die Gemeinden wäre hier wünschenswert.

Auch Bürgermeister Stephan Märkl aus Grainau bestätigt, dass die Extremwetterereignisse in der kleinen Zugspitzgemeinde in den letzten Jahren massiv zugenommen haben. Wie beispielsweise im Juni 2020, als die Höllentalklamm durch Starkregen überflutet wurde. Eine große Rettungsaktion mit Hubschrauber war nötig, um Gäste und Einheimische zu schützen. Grainau ist Pilotgemeinde im Projekt Klima.Fit und wird das Planungstool testen.

Dass die Veränderungen des Waldes auch Veränderungen auf den Rohstoff Holz und die Wertschöpfungskette nach sich ziehen, erklärt Hugo Wirthensohn vom Holzforum Allgäu. Derzeit sind die Holzpreise sehr hoch. Dies liegt unter anderem an den großen Schäden am Wald, die durch den Klimawandel verursacht werden. Die Beseitigung der Baumschäden verursacht hohe Kosten die getragen werden müssen, andernfalls bleiben die Waldbesitzer*innen auf ihnen sitzen.

Ein anderer Grund für den hohen Holzpreis ist der vermehrte Export von Holz ins Ausland.

Das Holzforum möchte mit dem Projekt Wald-Holz-Kette Allgäu das traditionelle Wertschöpfungssystem im Allgäu wieder ankurbeln und regionaler machen: durch gemeinschaftliches Teilen und Nutzen von Daten mit einem gemeinsamen digitalen Datensystem. Dazu soll eine IT-Plattform zur Information über Warenfluss und die Warenbewegungen erstellt werden mit Einbindung der lokalen Akteure. Ziel ist es, die Wertschöpfungskette im Allgäu in ihrer regionalen Zusammenarbeit zu stärken und mittels dem Holzforum Allgäu gemeinsame Verantwortung für den regionalen Holzmarkt zu tragen.

Die Bewusstseinsbildung für das Thema Wald und seine vielen Schutzfunktionen für den Menschen braucht Unterstützung und Anregung! Vor allem für Gemeinden ist die soziale Komponente wichtig. Mit Kooperationen lassen sich konkrete Maßnahmen realisieren, denn durch den Erfahrungsaustauch über die eigene Gemeindegrenze hinweg werden Ideen geschaffen und Probleme gemeinsam gelöst.

Allianz in den Alpen entwickelt in Klima.Fit ein Planungstool für Gemeinden, mit dem sie ihren IST-Zustand evaluieren können. Von der Planung, Umsetzung und Re-Evaluation der Gemeinde-Angebote und deren Verbesserung bietet das Gemeindenetzwerk Begleitung. Bei Fragen wenden Sie sich an die Projektleiterin Gabriele Greußing: oesterreich@alpenallianz.org.