Über das Klima sprechen – aber wie?
Persönlich, bildhaft, sozial: So kommunizieren wir wirkungsvoller über die Klimakrise. Rund 250 Menschen diskutierten bei der Online-Konferenz «Geschichten erzählen, Ohren spitzen, Kontakte knüpfen» über Sprache, Psychologie und Social Media.
«Bei Fridays for Future haben wir es mit gewitzter Protestkommunikation zu tun. Kurz dicht und schnell, vernetzt mittels Social Media», analysiert der Sprachwissenschaftler Martin Reisigl. Dass die junge Klimabewegung in der Kommunikation vieles richtig – und anders – macht, darin war er sich anlässlich der Online-Konferenz zu Klimakommunikation am 30. Juni und 1. Juli 2020 mit ExpertInnen aus anderen Fachbereichen einig. Die Veranstalter hatten aus der Not eine klimafreundliche Tugend gemacht und die Konferenz nach mehrmaligen Verschiebungen aufgrund der Corona-Pandemie ins Internet verlegt. Insgesamt rund 250 Teilnehmende aus allen Alpenländern lauschten Vorträgen und diskutierten im Plenum und in Workshops mit zugeschalteten ExpertInnen aus Norwegen, Hamburg und Wien. Sie stimmten bei Online-Umfragen zu Klimathemen ab und erlebten einen Live-Videorundgang durch eine klimafreundlich sanierte Wohnanlage in Bozen/IT.
Die Klimajugend zeigt, wie es geht
Katastrophenszenarien wie «Hitzesommer» oder abstrakte Fachbegriffe wie «Kipppunkte im Klimasystem» erschweren das Sprechen über die Klimakrise. So hatte die deutsche physikalische Gesellschaft bereits 1971 vor einer «drohenden Klimakatastrophe» gewarnt, schon 1986 titelte das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» damit. Erst 2019, mit «Fridays For Future», kam auch die Politik unter Zugzwang. «Journalismus bringt das Klimathema auf die öffentliche Agenda und damit in unsere Köpfe», erklärt die Kommunikationswissenschaftlerin Irene Neverla. Er allein schaffe noch zu wenig Problem- oder Verantwortungsbewusstsein. Über soziale Medien dagegen greifen die Menschen journalistische Themen auf, mobilisieren sich gegenseitig und werden politisch aktiv. Gute Klima-Erzählungen seien getragen von Empathie, versprechen Rettung und beschreiben den Weg dorthin bildhaft, emotional und verständlich, so der österreichische Meinungsforscher Christoph Hofinger.
Gehirnfreundlich kommunizieren
Wie bringt man Menschen dazu, sich an der Lösung der Klimakrise zu beteiligen? «Unser größtes Hindernis ist 15 Zentimeter dick und befindet sich zwischen unseren Ohren», meint der Umweltpsychologe Per Espen Stoknes. Er spricht von Barrieren im Kopf, die wir beim Klimawandel überwinden müssen. Klimaziele liegen zum Beispiel weit in der Zukunft, im alltäglichen Leben spielt die Klimakrise noch kaum eine Rolle. Diese persönliche Distanz lasse sich durch positive Vorbilder überwinden. «Der Klimawandel sollte sich persönlich, dringlich und nah anfühlen.» Essen wir beispielsweise vermehrt vegetarisch, sei das gut für uns und für das Klima. Hilfreich seien auch inspirierende Geschichten, mit denen wir uns im Alltag identifizieren können: Vom Bergbauern, der seine alte Mähmaschine mit hauseigenem Strom betreibt bis hin zur Stadtverwaltung, die neue Bäume pflanzt.
Klimafrühling, Klimaschutz im Alltag, Anpassungsstrategien einer Gemeinde, die Charta von Budoia, das Klimaspiel 100max, die Aktivitäten des Alpinen Klimabeirats: Motivierende Workshops und Inputs zu diesen und weiteren Themen rundeten die Konferenz ab. Was es für klimaresiliente und klimaneutrale Alpen im Jahr 2050 braucht, umriss Helmut Hojesky, der Vorsitzende des Alpinen Klimabeirates. Sein Resümee der Veranstaltung: «Ein Vorbild für weitere Videokonferenzen!»
Alle Vorträge und weitere Informationen sind online abrufbar: padlet.com/cipraga/alpaca_conference2020
Die Online-Konferenz der Alpinen Partnerschaft für lokale Klimaaktionen (ALPACA) wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung des deutschen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, das österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie die Autonome Provinz Bozen – Südtirol.