"Kooperation muss wachsen, sie kann nicht von oben herab diktiert werden"
Die Fachtagung 2025 von Allianz in den Alpen in der Region am Kumma, Vorarlberg (AT)
Die diesjährige Fachtagung des alpenweiten Gemeindenetzwerks Allianz in den Alpen hat dieses Jahr nicht nur an einem Ort stattgefunden, sondern gleich an vier – und zwar den Vorarlberger Orten, die gemeinsam die Region am Kumma bilden: Altach, Mäder, Koblach und Götzis. Das übergeordnete Thema der Konferenz lautete „Gemeinsam stark! Kooperation als Schlüssel für resiliente Gemeinden“ und in den vielen Gesprächen, Vorträgen, Workshops und auf einer Exkursion im Rahmen der Tagung wurde immer deutlich: Gemeinsam geht vieles deutlich leichter.
Das bestätigen die vier Bürgermeister der Region am Kumma: Gerd Hölzl (Bürgermeister Koblach), Daniel Schuster (Bürgermeister Mäder), Manfred Böhmwalder (Bürgermeister Götzis) und Markus Giesinger (Bürgermeister Altach) berichteten in einer Podiumsdiskussion, moderiert von Allianz in den Alpen-Geschäftsführerin Katharina Gasteiger, von ihrer aktiven Kooperation in vielen Bereichen. Sie stimmen sich ab, wenn es um die Jugendarbeit geht, vernetzen sich beim Thema Altenpflege und koordinieren gemeinsam die Organisation von Flüchtlingsunterkünften. „Jede Kooperation ist wichtig – die Strukturen wollen wir dabei möglichst flach halten. Menschen müssen kooperieren wollen, Kooperation muss wachsen und kann nicht von oben herab diktiert werden“, so Manfred Böhmwalder. Daniel Schuster ergänzte: „Die Fundamente für unsere Kooperation in der Region wurden schon vor Jahrzehnten gelegt, darauf können wir immer weiter aufbauen.“ Als konkretes Beispiel, wo die Kooperation hervorragend funktioniert, nannte Markus Giesinger den Pumptrack: „Die Kosten wurden nach Einwohnerschlüssel aufgeteilt, die Instandhaltung wird über die Region finanziert – und das Angebot von Jung und Alt in der ganzen Region am Kumma intensiv genutzt.“ Was es für eine gut funktionierende Kooperation noch braucht, hat Gerd Hölzl ergänzt: „Es ist wichtig, sich selber Leitlinien zu setzen, zum Beispiel für ein räumliches Entwicklungskonzept. Damit kann man sich als Gemeinde auf Eckpfeiler berufen, zum Beispiel für die Begrünung von Flachdächern.“
Auch Sophie Baumschlager von KLAR! am Rhein, einem etwas größeren Zusammenschluss, der neben den vier Kumma-Gemeinden noch vier weitere Gemeinden im näheren Umfeld umfasst, sieht Kooperation als ein zentrales Element. KLAR! am Rhein hat sich der Klimawandelanpassung verschrieben, die Gemeinden sollen unterstützt werden, sich den Folgen des Klimawandels anzupassen – auch das geht besser, wenn viele Gemeinden an einem Strang ziehen.
Meteorologe und „Klimajäger“ Andreas Jäger, gebürtig aus der Nachbargemeinde Hohenems stammend, hatte sozusagen ein Heimspiel. In seiner Keynote mit dem Titel „Die Alpen im Fieber“ hat er eindrucksvolle Zahlen, Daten, Fakten und Bilder zum Klimawandel gezeigt – aber bei den Zuhörerinnen und Zuhörern dennoch keine Katastrophenstimmung verbreitet. Andreas Jäger sagte, auch die kleinste Gemeinde könne positives bewirken. Die Bürgermeister seien dabei Multiplikatoren. „Vorarlberg ist eine Vorbildregion – in meinen Augen wird hier eigentlich alles richtig gemacht“, so Jäger.
Kriemhild Büchel-Kapeller, Expertin für Sozialkapital, Nachhaltigkeit und Beteiligungsprozesse, hat in ihrer Keynote mit dem Titel „Die Kraft der Kooperation“ auf vielfältige Weise gezeigt, dass es für die Zukunft mehr Miteinander, mehr Kollaborationen und Kooperationen brauchen wird. „Zukunft ist eine Gemeinschaftsaufgabe und kann nicht an einen einzelnen delegiert werden“, so Büchel-Kapeller. „Der Mensch ist von Natur aus auf Kooperation und Resonanz ausgelegt.“ Was für die Zukunft immer wichtiger werden wird, ist Schwarmintelligenz, die Weisheit von vielen, die Vernetzung von lokalem Wissen – wie es die Region am Kumma auf Ebene der Gemeinden schon umsetzt.
Auch aus dem nahegelegenen Fürstentum Liechtenstein wurde ein spannendes Kooperationsprojekt gezeigt: Sabine Monauni, Regierungschefin-Stellvertreterin und Umweltministerin hat zusammen mit Christian Öhri, Gemeindevorsteher von Ruggell, den Aktionsplan Biodiversität 2030+ vorgestellt: Der Plan beinhaltet eine Vision für naturnahe Räume und eine vielfältige Natur sowie die enge Zusammenarbeit zwischen Staat, Kommunen und Bevölkerung für die erfolgreiche Umsetzung.
Das Jahrhundertprojekt RHESI funktioniert nur durch eine länderübergreifende Kooperation: Das Land Vorarlberg steht gemeinsam mit den angrenzenden Schweizer Gemeinden für den Hochwasserschutz im Rheintal ein. Marlene Engler und Bernhard Valenti von der RHESI haben in ihrem gemeinsamen Vortrag sowie auf der anschließenden Exkursion eindrucksvoll gezeigt, wo das Projekt heute steht und wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird. „Ein Projekt wie RHESI ist immer ein Kompromiss – und bei einem guten Kompromiss sind alle Parteien nicht ganz zufrieden, denn jeder gibt ein bisschen was ab zum Gelingen des großen Ganzen“, so Marlene Engler.
Nach einer kurzen Mittagspause folgte für die Teilnehmenden der nächste Programmpunkt: Die Exkursion mit Stationen in den Kumma-Gemeinden. Bei jedem Halt wurde deutlich: Es funktioniert nur mit Kooperation. Die erste Station führte zur Hochwasserhalle in Koblach: Hier werden im Falle eines drohenden Hochwassers Sandsäcke befüllt und dann entsprechend verteilt. Weiter ging es mit der historischen Rheinbähnle am Rheindamm entlang bis nach Mäder, wo Marlene Engler und Bernhard Valenti von der RHESI ganz konkret die Vorhaben erläutert haben. Nach einer Kaffeepause im Stadion des Altacher Fußballvereins besuchten die Teilnehmenden den renaturierten Emmebach in Altach, wo zum einen der Hochwasserschutz verbessert und zum anderen ein Naherholungsgebiet für die Bevölkerung geschaffen wurde. Der letzte Halt war die Örflaschlucht in Götzis, wo derzeit für den Emmebach ein Retentionsraum mit einer großen Auffangkapazität geschaffen wird.
Die Konferenz-Teilnehmenden wurden am Abend feierlich von Landesrat Christian Gantner begrüßt und konnten den Abend in Mäder feierlich ausklingen lassen und einen beeindruckenden Auftritt der Akrobatik-Gruppe Novus aus Mäder erleben.
Bei der jährlichen Mitgliederversammlung, die am Morgen des 8. Oktober vor dem offiziellen Tagungsprogramm stattgefunden hat, wurde Vorstand Rainer Siegele nach 28 Jahren im Netzwerk auf eigenen Wunsch aus seiner Position verabschiedet und Gerd Hölzl einstimmig als neues österreichisches Vorstandsmitglied gewählt.
Im Anschluss konnten die Teilnehmenden der Konferenz – Bürgermeister sowie Mitarbeitende der Mitgliedsgemeinden, Mitarbeitende von Organisationen im Alpenraum, die auf Gemeindeebene aktiv sind – Einblick in zwei aktuelle Projekte bekommen, an denen Allianz in den Alpen aktuell mitarbeitet. In zwei Workshops, in denen die Teilnehmer in Gruppenarbeit in unterschiedliche Rollen schlüpfen konnten, wurde teilweise hitzig diskutiert. Das Projekt proCURE beschäftigt sich mit der nachhaltigen Beschaffung in kleinen Gemeinden und gibt ihnen ein Handbuch sowie verschiedene Werkzeuge an die Hand, um den Einstieg zu meistern. Im Projekt BrokeringSpaces geht es um Konflikte in der Raumnutzung – Konflikte, die angesichts des knappen Raumes immer mehr zunehmen werden.